Erste „Toilette für alle“ in Rastatt und im Landkreis eröffnet
Unbeschwert mit der ganzen Familie einen Ausflug unternehmen, durch Rastatt bummeln, das Schloss besichtigen, einkaufen und danach in einem der zahlreichen Gaststätten einkehren. Für Familien mit Angehörigen im Rollstuhl, die zusätzlich inkontinent sind und daher Windeln tragen, war dies bislang nicht möglich. Seit Mittwoch, 15. August, hat sich das jedoch entscheidend geändert: In der Rastatter Innenstadt, im Hatz-Areal, ist die erste „Toilette für alle“ in Rastatt eröffnet worden.
Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch und Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg (LVKM) und Kooperationspartnerin des Rastatter Projektes, erläuterten bei der gut besuchten Eröffnungsveranstaltung, warum und für wen die „Toilette für alle“ wichtig ist und wie sie funktioniert.
„Heute lautet unsere Botschaft: Eine solche Toilette ist für alle Städte ein Muss. Denn mit unserer „Toilette für alle“ geben wir den Menschen mit Behinderung ein Stück Freiheit zurück“, betonte der Rastatter Oberbürgermeister. Er freue sich, dass mit der Toilette ein wichtiger Auftrag aus dem kommunalen Aktionsplan Inklusion nun endlich erfüllt sei. Von der Toilette profitieren nicht nur Schwerbehinderte im Rollstuhl, sondern auch Menschen mit künstlichem Darmausgang, deren Katheder im Liegen gewechselt werden müssen oder hochbetagte Menschen mit Demenz. Hans Jürgen Pütsch bedankte sich beim Bauherrn des Hatz-Areals, der den Raum für die Toilette zur Verfügung gestellt und den direkten, barrierefreien Zugang durch den Torbogen an der Herrenstraße ermöglicht hat. Nun hoffe er, so der OB, dass die Toilette sehr gut genutzt werde. Bisher ist die „Toilette für alle“ ein Unikat im Landkreis. Denn die nächsten Toiletten dieser Art gibt es erst in einiger Entfernung in Offenburg, in Bad Herrenalb oder in der Messe Karlsruhe.
„In England schreiben die geltenden Baunormen „Toiletten für alle“ gesetzlich vor – im Unterschied zu Deutschland“, erläuterte LVKM-Geschäftsführerin Jutta Pagel-Steidl. Sie verwies auf die im Land lebenden rund 380.000 Menschen, die inkontinent sind und unterwegs darauf angewiesen, einen menschenwürdigen Ort zum Wechseln der Inkontinenzartikel zu finden. „Fehlt ein solcher, findet der Windelwechsel auf dem Fußboden einer öffentlichen Toilette statt oder auf einer Wiese. Das ist unwürdig“, unterstrich Pagel-Steidl. Insgesamt ist der Rastatter Standort der 92. im Land, so die Geschäftsführerin. Allerdings sei die Rastatter Toilette eine ganz besondere. Denn sie befindet sich mitten in der Innenstadt und ist mit Euroschlüssel jederzeit zugänglich.
Die rund zehn Quadratmeter große, barrierefreien „Toilette für alle“ ist ausgestattet mit einer höhenverstellbaren Pflegeliege für Erwachsene, einem an der Decke befestigten Lifter fürs Umsetzen vom Rollstuhl auf die Liege sowie einem luftdichten Windeleimer. Sie ist mit dem Euro-Schlüssel rund um die Uhr zugänglich und kann auch direkt mit dem Fahrstuhl im Gebäudekomplex erreicht werden. Wie der Lifter konkret funktioniert, zeigten beim Eröffnungstermin der auf einen Rollstuhl angewiesene Patrick Thurn, unterstützt von Pagel-Steidl. Auch OB Pütsch ließ es sich nicht nehmen, beim Echttest mit dem Lifter zu assistieren. Gemeinsames Fazit: klappt!
Die Einrichtung der besonderen Toilette hat knapp 11.000 Euro gekostet. Knapp 9.600 Euro kamen als Förderung vom Land Baden-Württemberg. Für den laufenden Betrieb der „Toilette für alle“ zahlt die Stadt eine Miete und sorgt überdies für regelmäßige Reinigung und Instandhaltung. In nächster Zeit wird die Stadt in der Herrenstraße, in unmittelbarer Nähe zum Eingang der Toilette, noch einen Behindertenparkplatz ausweisen für die Nutzer der Toilette.
Informationen über alle Standorte in Baden-Württemberg gibt es in einem Online-Wegweiser unter https://www.toiletten-fuer-alle-bw.de/ Dort sind auch Informationen zu finden in englischer Sprache sowie in Leichter Sprache.
